VfB Germania schlägt sich selbst
NOFV-Oberliga Süd: FC Grimma – VfB Germania 2:1 (0:1)
(von Bernd Waldow)
Es mag eine banale Phrase sein, doch Fußball ist nun mal ein Ergebnissport – und hier stehen für den FC zwei Treffer, für den VfB Germania nur ein Tor in der Statistik.
Dabei schaffte es der Gastgeber, mit nur einer echten Torchance 2:1 zu gewinnen.
Dieses Phänomen muss nun durch die Verantwortlichen analysiert und erklärt werden, ein Unterfangen, um welches man das Team um Manuel Rost nicht beneidet!
Der Mannschaft Vorwürfe machen? Weshalb? Sie hat knapp zwanzig (!) Torchancen in diesem Spiel kreiert und absichtlich liegen gelassen haben sie die Möglichkeiten ganz sicher nicht. Der Einsatz stimmte, doch der Ertrag nicht. Man mag allmählich verstehen, weshalb Manuel Rost jüngst beim sicheren Pokalsieg in Elster zürnte, es fehle ihm die Gier, Tore, Tore, Tore schießen zu wollen, wenn sich die Chancen ergeben. In Grimma zeigte sich nun gnadenlos das Fehlen jener Selbstverständlichkeit, mit der man Chancen zu Toren veredelt, jene Selbstverständlichkeit, die man sich in anderen Spielen hätte erarbeiten können, ja müssen... Dann hätte Bocar Baro vielleicht nicht frei stehend den einzigen Verteidiger auf der Linie angeschossen (55.), hätte Patrick Baudis vielleicht nicht frei aus sechzehn Metern so schwach abgeschlossen, dass Torwart Böhm den Ball locker fangen konnte (90.+3).
Die Ideen des Trainerteams gingen weitestgehend auf, neunzehn klare Chancen heraus gearbeitet, konzentriert und diszipliniert ins Spiel gefunden, dem Gegner den Schneid klar abgekauft. Mehr Überlegenheit geht eigentlich nicht, doch die Tore müssen die Jungs auf dem Platz erzielen. Mangelt es hier eventuell doch an Qualität? Eine Auswahl:
Pascal Hackethal bediente Joel Klaschka (7./8.), der einmal knapp verpasste und dessen Schuss danach geblockt wurde. Denis Vukancic bediente von rechts Bocar Baro (9.), der das Kunststück fertig brachte, aus drei Metern über das Tor zu schießen. Es hätte schon eine klare Führung sein können, bevor der Gastgeber erstmals (16.) überhaupt im Strafraum vor Lukas Cichos auftauchte, aber nicht zum Abschluss kam.
Hackethals Freistoß knapp über den linken Giebel (19.), Baros überragender Kopfball in den Lauf von Nick Poser, der präzise Klaschka bediente (22.), dessen Schuss erneut geblockt wurde, Baros Versuch, eine Flanke zu veredeln, die er nur knapp links neben das Tor setzte (30.), sein Schuss aus spitzem Winkel (31.), den Böhm zur Ecke faustete, Baros Service auf Vukancic, der links vorbei zielte (35.), das erlösende Führungstor (36.), als Vukancic klasse nach links verlagerte, „Hacke“ erstklassig auf Baro flankte, dessen schulbuchmäßiger Kopfball zum 0:1 einschlug – bis zur Halbzeit hätten hier längst klare Verhältnisse geschaffen werden müssen! Die Aufreihung der zweiten Halbzeit könnte hier ähnlich fortgesetzt werden, führt aber zu nichts... Problematisch allerdings auch, dass Grimma nach und nach einige Schlüsselpositionen auf Halberstädter Seite ausschalten konnte, insofern als Vukancic (quälte sich noch bis zur Halbzeit durch), Mateo Martinez (67.) und Dustin Arnold (74.) durch Fouls jeweils so verletzt wurden, dass sie ausgewechselt werden mussten. Dennoch behielten die Halberstädter zunächst die Spielkontrolle und hielten auch am Chancenwucher fest. Dass Baro erneut im Strafraum gefällt wurde (61.) und kein Elfmeter verhängt wurde – man kann es nur mit Kopfschütteln quittieren, ist aber nicht neu. Mit den Wechseln verlor das Spiel des VfB Germania allerdings an Souveränität. Mehr Ballverluste, auch wenn immer wieder zurück erobert wurde, aber das kostete unnötig Kraft und störte den Spielfluss. Und das Drehbuch sah für die Halberstädter kein gutes Ende vor. Vorne ließ man alles liegen und weil Grimma zu harmlos agierte, half man jetzt aktiv: Patrick Baudis hätte genügend Zeit gehabt, per Kopf eine hohe Eingabe nach vorn oder zur Seite in den eigenen Aufbau zu bringen, hatte aber eine andere Idee – leider exclusiv – denn obwohl Lukas Cichos für alle im Stadion laut und vernehmlich „Leo, Leo“ rief und heraus eilte, um den Ball zu fangen, köpfte Baudis mit dem Rücken zum Tor butterweich über seinen Kapitän hinweg ins eigene Netz.(78.). Der FC Grimma ohne Chance, dennoch mit dem Tor zum 1:1!
Mehr noch: Mit dem einzigen echten Torschuss (86.), der aus einem zweifelhaften Freistoß hervorsprang, als Klaschka seinem Gegner den Ball abnahm, selbst schmerzhaft getroffen wurde und humpelte, drehte Grimma das Spiel zum 2:1-Sieg. Aus dem linken Halbfeld, weit weg vom Tor, traf Jan Hübner die Kugel optimal und jagte das Spielgerät über die Mauer links neben den Pfosten ins Netz, Cichos streckte sich vergeblich... Shit happens!