Aufholjagd jäh gestoppt
Regionalliga Nordost: VfB Germania Halberstadt – Tennis Borussia Berlin 1:2 (1:1)
(von Bernd Waldow)
Wahre Größe zeigt sich in der Niederlage, sagt der Volksmund. Im Erfolg zu jubeln ist einfach, man muss nur die Hände hoch reißen und feiern, denn wer erfolgreich ist, hat viele Freunde, sagt man. Anders ist es für den Verlierer, der steht nicht selten allein.
Sportlern fällt es offensichtlich nicht so schwer, mit Niederlagen umzugehen, denn sie haben etwas gelernt, das man dazu braucht: Respekt gegenüber dem anderen, der siegreich war.
Schlimm sind meist die, die nur im Schutz der Masse anonym ihre Meinung sagen und sich erst aus ihrer Deckung wagen, wenn alles passiert ist. Dann haben diese Leute hinterher immer schon alles vorher gewusst, Kritik üben sie lauthals, suchen und finden ihren Sündenbock. Jedoch ist dieses meistens keine konstruktive Kritik, sie ist nur Ausdruck einer tiefen Enttäuschung, der sie hilflos ausgeliefert sind. Nach dem Freitag-Abend-Spiel war schnell Irwin Pfeiffer als Sündenbock ausgemacht, der zweimal vom Elfmeterpunkt an Gäste-Torwart Karl Albers gescheitert war. Verantwortlich dafür sei aber Manuel Rost, der ihn hätte zur Strafe auswechseln müssen, so der Tenor. Manuel Rost, der sichtlich mindestens genauso enttäuscht war, wie alle anderen, die es mit dem VfB Germania halten, zeigte eine unfassbar kluge und aufgeräumte Reaktion, die dem Trainerkollegen ein respektvolles Lob entlockte, dass er, Rost, derart angefeindet, sehr eindeutig, aber sachlich folgendes äußerte: Es sei sein Job, sich vor seine Mannschaft zu stellen und ja, er werde die Verantwortung dafür übernehmen. Er werde Pfeiffer jetzt aber nicht an den Pranger stellen, schließlich seien sonst immer die Rufe laut, man wolle, dass die Spieler Verantwortung übernehmen, so sei es geschehen, Pfeiffer habe sie übernommen.
Das absolut Außergewöhnliche daran: Bis auf die Tribüne konnte man die Rufe von Manuel Rost hören, der Illia Hlynianyi als Schützen beordert hatte, was Irwin Pfeiffer einfach ignorierte. Trotzdem stellt sich Manuel Rost vor diese Jungs, die gerade vieles von dem, was er eingefordert hatte, nicht umgesetzt hatten – das hat schon Qualität!
TeBe war sich der Sache bewusst, wenn heute nichts ginge, dann war es das wohl. So warf die Mannschaft Herz, Kampf, Willen ins Spiel, wo spielerische Klasse fehlte. Der VfB Germania reagierte, anstatt zu agieren. So erzwang TeBe bereits früh ein Spiel in Richtung Lukas Cichos. Dabei wirkte die Halberstädter defensive oftmals nicht spritzig, nicht frisch genug, was sich bereits in der 7. Minute rächte: Viel zu viel Plazu über die rechte Seite, ein kluger Pass in den Rückraum, wo Emincan Tekin fast unbehelligt in den Strafraum „marschieren“ konnte, schräger Flachschuss von halbrechts ins äußere linke Eck, da war für Cichos kein Rankommen - 0:1. Nach einer Viertelstunde die erste nennenswerte Chance für die Hausherren: Pfeiffer schmetterte einen Freistoß aus 22 Metern nach rechts unten, Albers konnte die Kugel nur prallen lassen, doch die Halberstädter bestaunten dieses nur, waren nicht gierig, diesen Ball zu versenken. Gleich danach musste Cichos wieder ran, German Kurbashyan hatte frei Bahn, wieder viel zu einfach! Dann zog Pascal Hackethal einen Freistoß von der Außenbahn aufs Tor, doch keiner lief energisch ein – Chance vertan.
Erst in den letzten zehn, fünfzehn Minuten der ersten Halbzeit nahm der VfB Germania mehr Fahrt auf, wurde zwingender. Nico Lübke drückte einen Kopfball schulmäßig, doch mit einem ganz starken Reflex kratzte Albers das Spielgerät noch von der Linie (32.), bevor nach einer Hackethal-Ecke von links Patrick Baudis mit Wucht einlief (33.) und die Kugel druckvoll zum 1:1 in die Maschen köpfte. Ein Distanzschuss von Malina verfehlte das Ziel und mitten in die Halberstädter Druckphase hinein, brachte ein kapitaler Ballverlust Björn Heydemann in beste Schussposition, doch der zog seinen Schuss knapp am Kasten vorbei (42.), bevor es auf der anderen Seite eng wurde (42.), Lübke seinen Gegner vernaschte, seine Eingabe aber noch abgefälscht wurde und auf der Latte tanzte, bevor der Ball wieder ins Feld sprang, wo aber die Halberstädter erneut nicht handlungsschnell waren, um hier das Tor zu machen.
Halbzeit 1:1 – noch nichts verloren. Erstaunlicherweise waren die Halberstädter nicht in der Lage, hier nachzubessern, es ging im gleichen Stil weiter und wieder agierte zuerst Berlin. Lukas Cichos glänzte mit einer Fußabwehr gegen den eingewechselten Daniel Krasucki, um Augenblicke später auch das Duell mit dem Berliner am kurzen Pfosten für sich zu entscheiden. Beim nächsten Versuch aber (55.) war auch Cichos nicht mehr in der Lage, den Einschlag zu verhindern. Julien Damelang erzielte die erneute Führung für TeBe (55.), die nicht unverdient war. Fast im Gegenzug dann ein unstrittiger Handelfmeter für den VfB Germania: Irwin Pfeiffer schnappte sich die Kugel und nahm theatralisch Anlauf, um dann doch zu scheitern. Zwar scharf, aber nicht platziert geschossen und Albers konnte klären.
Nach einer Ecke zielte Ole Hoch über das Tor, doch die Halberstädter blieben jetzt dran. Dann ein ebenso unstrittiges Foul knapp im Sechzehner (65.) – und wieder Elfmeter.
Einige schlugen schon die Hände vor´s Gesicht, als wieder Pfeiffer den Ball zurecht legte, obwohl der Trainer von draußen lautstark den gerade eingewechselten Illia Hlynianyi forderte. Doch Pfeiffer ignorierte dies, nahm erneut theatralisch Anlauf, schoss genau so scharf und unplatziert, wie Minuten zuvor – und auch Albers hatte das so geahnt. So blieb er auch im zweiten Duell mit Pfeiffer der Sieger. Wäre das hier noch gut ausgegangen, hätte man den theatralischen Anlauf wahrscheinlich belächelt und abgehakt, so aber schürte er Wut und Enttäuschung und stempelte Pfeiffer zum Buhmann.
Chancen hatten die Gastgeber durchaus noch, zumal sich TeBe selbst schwächte, denn der bereits verwarnte Luca Marino hatte nichts besseres zu tun, als die Ausführung eines Halberstädter Einwurfes zu behindern, indem er einen zweiten Ball aufs Spielfeld beförderte. Dafür zeigte der sichere Schiedsrichter Daniel Bartnitzki Gelb-Rot. Jetzt hatte der VfB Germania noch gut zwanzig Minuten Zeit, hier Ertrag zu holen. Doch die Dreifach-Chance in der 77. Minute, zweimal geblockt, bevor Malina das Spielgerät über das Tor hob, sowie die Halbchancen nach Ecken in der Schlussphase, sie blieben erfolglos, pushten eher die Berliner, die jede Aktion frenetisch feierten. Es blieb dabei, die Halberstädter zeigten sich bemüht, das kann man ihnen nicht absprechen, doch sie wirkten nicht frisch, nicht gedankenschnell und blieben auch insgesamt glücklos. Wieviel Einfluss da die schwere Krankheitswelle der letzten Tage noch hatte, das bleibt wohl Spekulation. Eine Niederlage, die schwer verdaulich sein dürfte, weil sie unnötig daher kam und mit einfachen Mitteln hätte abgewendet werden können, bleibt jetzt zu verarbeiten - schwere Kost!.