Fußball verrückt im Friedensstadion
Regionalliga Nordost:
VfB Germania Halberstadt – SV Babelsberg 03 1:5 (0:1)
(von Bernd Waldow)
Es hat schon groteske Züge, was sich am Sonntagnachmittag im Friedensstadion abspielte.
Gegen den hohen Favoriten aus der Filmstadt zeigte der VfB Germania ein über weite Strecken schnörkelloses, geradliniges und beherztes Spiel, mit dem er spielerisch und von der Anzahl der hochkarätigen Chancen mindestens auf Augenhöhe mit den Randberlinern agierte. Doch das erklärst du niemandem, der das Spiel nicht selbst gesehen hat, denn die Argumente scheinen schwach, bei einem derart klaren Ergebnis. Trotzdem, noch ehe die Gäste langsam ins Spiel fanden, hatte Darlin van der Werff einen Hochkaräter auf dem Fuß (6.), schob die Kugel aber zu schwach Richtung Tor, so dass noch vor der Linie geklärt wurde. Im Anschluss an eine ganze Eckball-Serie der Hausherren köpfte Patrick Baudis nur Zentimeter über die Latte. Erst nach zwanzig Minuten der SV erstmals gefährlich, beim Schuss von Tom Nattermann muss sich Lukas Cichos strecken, der Ball touchiert dann noch die Latte. Doch schon im Gegenzug van der Werff mit einem Hammer aus zwölf Metern, den Luis Klatte mit einer starken Parade noch zur Ecke boxen kann. Fünf Minuten später eine Premium-Chance für Justin Eilers (27.), der brillant in zentraler Position frei gespielt wird und allein vor Klatte auftaucht, das Spielgerät aber sowohl am Keeper, als auch am Tor vorbei schiebt – eine XXL-Möglichkeit, hoch fahrlässig, so etwas liegen zu lassen...
Und wie so oft: Es klingelt dann auf der anderen Seite. Nattermann per Kopf (31.) findet exakt die Lücke zwischen Cichos und dem Quergebälk, zentimetergenau schlägt es nach einer Freistoß-Flanke ein zum glücklichen 0:1. Fünf Minuten später fehlen Amiro Amadou bei seinem Kopfball wenige Zentimeter zum Erfolg.
Nach der Pause sollte die Aufholjagd mutig fortgesetzt werden, das war bis dato sehr beeindruckend, was die Halberstädter hier anboten. Allein, es kam auch diesmal anders. Ein individueller Fehler – Creighton Braun hatte den Ball vor dem eigenen Strafraum vertändelt – bringt Rudolf Ndualu in Position, der sich nicht zweimal bitten lässt (48.) und zum 0:2 trifft. Halberstadt unbeeindruckt, spielt diesen erfrischenden, mutigen Fußball einfach weiter. Paul Grzega bedient Eilers, der kann in leichter Rücklage keinen Ertrag verbuchen, löffelt das Spielgerät über den Kasten. Dann bietet sich van der Werff eine unfassbare Möglichkeit: Von halb rechts dringt er unbehelligt in den Sechzehner ein, wo Keeper Klatte spekuliert und zwei Schritte nach innen macht. Dadurch steht das Tor plötzlich vollkommen leer vor Halberstadts Nummer 24, doch van der Werff sieht diese Einladung nicht (57.), sondern spielt ungenau in die Mitte, wo ein Ballverlust die Folge ist. Babelsberg dann mit schnellem Umkehrspiel und dem 0:3. Ndualu gnadenlos effektiv und der VfB Germania abgestraft. In der 65. Minute ist es Jessim Jallot, der Klatte prüft, doch dieser taucht ab und fischt die Murmel weg. Weitere fünf Zeigerumdrehungen später darf der eingewechselte Matthias Steinborn den Ball in aller Ruhe unbedrängt im Lauf annehmen, vorlegen und ins Tor drücken. Es ist kaum zu fassen. Gut eine Viertelstunde vor Ultimo ist es der eingewechselte Aaron Sothen, dessen Ball fast im 03-Tor landet, aber es soll einfach nicht sein, wieder überquert der Ball die Linie nicht.
Ein leider schlechter Witz dann noch zur Krönung obendrauf: Ein Ausrutscher, gut zwei Meter vom Gegenspieler entfernt (79.), wird mit einem Elfmetergeschenk belohnt. Das lässt sich Tino Schmidt nicht entgehen, verwandelt sicher zum 0:5. Was man den Halberstädtern auf alle Fälle zugute halten muss: Sie sind derlei Kummer gewöhnt, knicken nicht ein, sondern suchen mit intakter Moral noch immer den Weg nach vorn. Der eingewechselte Louis Malina setzt sich dann in der Box energisch durch (82.) und vollstreckt endlich auch einmal für die Hiesigen. Augenblicke später jagt Pascal Hackethal die Kugel sehenswert aus Linksaußenposition und spitzem Winkel ins Tor, doch statt des 2:5 gibt es jetzt die „Gelbe“ für ihn, denn Bruchteile von Sekunden zuvor hatte der Spielleiter das Match unterbrochen und wertet die Aktion als unsportlich. So also Verwarnung statt Traumtor und weiter ein Vier-Tore-Rückstand für die Domstädter. Daran ändert sich bis zum Abpfiff nichts mehr.
Das klare Ergebnis indes ist Markus Zschiesche, dem 03-Trainer auf der PK sichtlich peinlich, er redet von einem glücklichen Sieg, einem starken Halberstädter Auftritt, so gar nicht im Stile eines Tabellenletzten. Schöne, lobende Worte, doch erneut keine Punkte...